Alltag: Bis zum Abendbrot

Hallo ihr Lieben! Ich habe mein Versprochen nicht gehalten und das tut mir wirklich leid!! Aber ich sitze hier so oft vor dem Computer, dass mir dann einfach meistens die Lust fehlt noch einen Artikel zu schreiben. Aber ich gelobe Besserung!

Wo war ich stehengeblieben? Ach ja! Das International Office! Mittlerweile habe ich tatsächlich meinen Ausweis bekommen und den Laden seitdem nicht mehr betreten. Ein herrliches Gefühl, ein vollwertiger Mensch zu sein, der jetzt auch Bücher ausleihen darf!!

Normalerweise gehe ich nach der Uni ertsmal nach Hause und esse etwas. Meine Affinität für leckeres Essen besteht natürlich uneingeschränkt fort, was dazu führt, dass ich sehr oft die letzte viertel Stunde eines Kurses damit verbringe, mir auszumalen, was ich mir köstliches kochen könnte. Mir wird dann immer so ein abwesender, selig vernebelter Blick nachgesagt:-) Natürlich muss fürs Kochen ersteinmal eingekauft werden. Auf meinem Heimweg komme ich an unzähligen kleinen Obst und Gemüseläden vorbei, die je nach Herkunftsland des Besitzers auch Oliven, Schafskäse, Sojasauce, frische Bambussprossen etc. verkaufen. Also alles was man für die internationale Küche so braucht! Die Auswahl ist immer riesig und meistens ist das Gemüse in diesen Läden um einiges billiger als im Supermarkt. Aber der Netto gleich bei mir um die Ecke ist natürlich trotzdem unentbehrlich. Das Sortiment ist leider eher mit dem eines schlechten Plus in München zu vergleichen, als mit einem gut sortierten Rewe. Bei den Preisen ist es selbstverständlich genau andersrum! Besonders um die Fleischtheke mache ich von vorneherein einen großen Bogen. Das höchste der Gefühle ist hier Hackfleisch. Das kann man sich für ca. 3,50 Euro für 500g noch leisten. Aber der Rest ist so unerschwinglich, dass ich noch gar nicht auf die Idee gekommen bin, mir etwas davon zu kaufen. Allerdings muss ich sagen, dass die Lebensmittelpreise ansonsten gar nicht so astronomisch sind. Es kommt immer sehr darauf an, was man kauft und teuerer als in München ist es auf jeden Fall. Aber die Preise sind nicht annähernd vergleichbar mit denen in Norwegen. Wirklich beeindruckend ist, wie wenig Menschen hier etwas bar bezahlen. Fast überall werden Kreditkarten genommen und es meckert auch keiner, wenn du eine Flasche Wasser für 4 Kronen mit Karte zahlst. Nur ich komme mir bei sowas immernoch reichlich blöd vor 🙂

Der letzte Absatz, also das Einkaufen,  wird immer im High Speed Modus erledigt. Schließich hab ich ja Hunger und vor meinem geistigen Auge schon einen riesen Teller mit duftendem Essen! Das ist als würde sich ein Esel die Karrotte, die vor seiner Nase von der Peitsche des Kutschers hängt, nur vorstellen und allein deshalb einen gewaltigen Zahn zulegen…

Nach dem Essen versuche ich meistens etwas konsruktives zu tun, wie zum Beispiel einen Text für den Kurs am nächsten Tag lesen, oder mich auf die Suche nach geeigneten Themen für meine Hausarbeit machen. Aber natürlich werde ich meistens sehr schnell von allen Möglichkeiten, die das Internet so bietet, abgelenkt. Schließlich müssen ja noch Fotos auf Facebook hochgeladen, E-Mails gelesen und geschrieben und die Abendplanung über Skype betrieben werden.  Wenn ich absolut keine Lust mehr habe vor dem Computer zu sitzen, gehe ich manchmal in die Stadt und treffe mich mit jemandem zum Kaffeetrinken, oder ich mache einfach einen Spaziergang durch Nørrebro. Hier gibt es einen sehr schönen Friedhof, der voll ist mit Gräbern berühmter oder einfach nur reicher Menschen. Zum Beispiel liegen dort Hans Christian Andersen und der dänische Philosoph Søren Kirkegaard. Das schöne an diesem Friedhof sind die vielen kleinen Wege, die zwischen den Bäumen und Büschen durchführen, die alten, mit Moos bewachsenen Grabsteine, das saftige grüne Gras, das aus irgendeinem Grund gleichzeitig sehr gepflegt und trotzdem wild aussieht, irgendwie ganz weich. Die Grabsteine stehen dort auch nicht in Reih und Glied, sondern sind teilweise ganz versteckt und nur auf einem Trampelpfad zu erreichen. Obwohl der Friedhof sehr belebt ist, Jogger da durchrennen, Eltern mit Kindern im Sommer picknicken und gleich nebenan ein Kindergarten ist, von dem immer fröhliches Gekreische zu hören ist, fühlt man sich ganz schnell, als wäre man völlig alleine auf einer wunderschönen Waldlichtung. Ich kann mir eigentlich keinen schöneren Friedhof vorstellen. Der hat  nichts trauriges an sich, sondern nur etwas friedliches und schönes… Um das Bild zu bwahren sollte ich vielleicht verschweigen, dass in den eltzten 2 Wochen riesige Bagger und Laster angefahren kamen und gemeine Männer in einem Teil des Friedhofs die friedliche Stille mit Kettensägen gestört und sehr viele schöne Bäume gefällt haben.  Von der Straße sieht das jetzt unglaublich trist und kahl aus. Ich hab keine Ahnung, was die da vorhaben, aber ich hoffe es ist etwas gutes und unvermeidbares!

Die Abendplanung steht! Es ist Mittwoch und deshalb geht es natürlich in erst in die WG im 2ten Stock im Åboulevard 44, ganz bei mir in der Nähe und dann ins Studenterhuset.  Ein oder zweimal wurde am Anfang zum Mittwochs-Umtrunk in besagter WG eingeladen und seitdem ist das eine feste Institution. Es kommen fast immer die gleichen Leute und nach 2 Stündchen lustiger Unterhaltungen geht es dann im Kollektiv mit dem Fahrrad in die Innenstadt ins Studenterhuset. Das ist eine Bar für Studenten, wo jeder der will freiwillig arbeiten kann und dafür billigere Getränke und freien Eintritt bekommt. Auch für alle anderen ist es da ziemlich günstig und so kann man für weng Geld Kaffeetrinken, Kickerspielen, Tanzen und Livebands hören… Am Mittwoch ist „Internationales Café“. Da sind leider vor allem Erasmusstudenten anzutreffen, aber es verirrt sich auch der ein oder andere Däne auf diese Party. Ein großer Nachteil des ganzen ist die Musik. Meinen Geschmack trifft sie jedenfalls überhaupt nicht. Mir gefallen immer die letzten 15 Minuten am besten, wo die Leute zum Gehen bewegt werden sollen und deshalb etwas gespielt wird, was kein Mensch gut findet. Außer mir natürlich…

Sodala! Jetzt muss ich mich mal an die Arbeit machen! Morgen muss ich mir darüber im Klaren sein, worüber ich meine Hausarbeit schreiben will und auch glaubhaft rüberbringen, dass das funktioniert wie ich es mir vorstelle. Davon bin ich bis jetzt weit entfernt und deshalb ist hier für heute Schluss! Ich versuche, den nächsten Eintrag nicht erst ein einem Monat zu schreiben…

Alltag: Bis zur Mittagsstunde

Auf Grund andauernder Nachfragen gibt’s jetzt einen Alltagsartikel! Denn nach fast 6 Wochen in Kopenhagen hat sich schon sowas alltagsverdächtiges in mein Leben hier eingeschlichen. Natürlich besteht mein Tag hier aus völlig anderen Komponenten, als in München. Zum Beispiel dusche ich hier manchmal und hin und wieder passiert es sogar, dass ich in die Uni gehe… ganz ungewöhnliche Dinge also, die in einem Alltag, wie man ihn sich typischer Weise vorstellt, eigentlich nicht vorkommen. Und natürlich sind auch die Personen die an diesem Alltag beteiligt sind und quasi den Rahmen für das „Jojo in Kopenhagen“ -Stück bilden (Hoffentlich liest das keiner von denen, sonst könnten sie sich am Ende noch als bloße Statisten degradiert fühlen…) den meisten von euch unbekannt. Deshalb kommt jetzt also eine Beschreibung eines typischen Tages in Kopenhagen aus meiner Sicht und damit verbunden eine kurze Vorstellung meiner wichtigsten Begleiter durch diesen Alltag!

Ca 10.00 Uhr (an Wochentagen!)

Ich stehe sofort auf, sobald ich aufgewacht bin. Noch ewig im Bett rumzuliegen habe ich immernoch nicht wirklich gelernt, nur am Wochenende habe ich komischer Weise kein schlechtes Gewissen, wenn ich nicht nur den halben sondern den ganzen Tag im Bett verbringe. Ich weiß nicht woran das liegt, weil ich an den meisten Wochentagen auch nicht viel mehr zu tun habe als am Samstag oder Sonntag. Da sieht man mal, was unsere bayerische Feiertagskultur für einen Einfluss auf einen Menschen haben kann! Völlig irrational das Ganze… Dann wird (manchmal) geduscht, der Computer oder das Radio angeschaltet und ein Müsli gelöffelt.

Hierbei komt meine Mitbewohnerin DITTE ins Spiel! Sie treffe ich um diese unchristliche Zeit selten an. Sie ist Krankenschwester und hat (wie wahrscheinlich jeder in dem Beruf) unmögliche Arbeitszeiten! Entweder schläft sie, weil sie erst um 7 Uhr heimgekommen ist, oder sie schläft, weil sie erst um 23 Uhr am Vorabend heimgekommen ist (Ditte ist sehr sympatisch! Das hat viele Gründe, aber einer ist, dass  sie ein  Schlaftier ist und dabei absolut gar kein schlechtes Gewissen zu haben schient!), oder sie ist gerade in der Arbeit! Ein kleines Manko unserer Wohnung ist, dass sie sehr hellhörig und klein ist. Also heißt es leise sein, wenn der andere gerade schläft. Aber ansonsten ist sie eine sehr gute Mitbewohnerin! Ordentlich aber nicht sehr ordentlich, rücksichtsvoll aber auch mal laut, sehr hilfsbereit und lieb! Und sie gibt mir manchmal kleine Dänischstunden. Wir reden dann ein bisschen Dänisch (Wenn man das so nennen kann :-)) und sie zwingt mich Zeitungsartikel vorzulesen und zu übersetzen!

11:00 Uhr

Ich überfliege alibimäßig noch einen Text über die Übertragung des Hobbesschen Naturzustands von zwischenmenschlicher auf zwischenstaatliche Ebene und die sich daraus ergebenden Problematik, die Staatsbildung nicht als Lösung des „Krieges aller gegen alle“ bezeichnen zu können, sammel alle meine Sachen ein, stopfe sie in meine Tasche, entscheide nach einem kurzen Besuch auf dem Balkon, dass es immernoch nicht kalt genug ist um Stiefel anzuziehen, gehe zur Tür, vergesse etwas, gehe wieder zur Tür, entschiede welche Jacke ich anziehe und verlasse mit einem „Hej hej!“ (Wenn Ditte mittlerweile unter den Wachen weilt) die Wohnung. Auf der Treppe beginnt die Spannung, die sich, bis ich an der Haustür angelangt bin, ins Unermessliche steigert…ich öffene die Tür, ein Blick nach rechts…kein Fahrrad!!!!…Achnee, habs ja links abgestellt…puhhh….es ist noch da! Mittlerweile kenne ich so viele Leute denen ein Fahrrad geklaut wurde, dass diese Sorge wirklich berechtigt ist. Aber ich denke ich habe es meinem dicken Schloss zu verdanken, dass meines noch da ist. Auf geht’s, die Nørrebrogade entlang in die Uni. Auf dem Weg merke ich, dass mein Hinterreifen schon wieder platt ist wie ein Pfannkuchen und es stellt mir bei jedem Huckel und jeder Kurve, in der mein Fahrrad so komisch schwammig vorsichhin schlingert, die Nackenhaare auf! Ich nehme mir ganz fest vor, auf dem Rückweg bei einem Fahradgeschäft zu halten und es aufzumpen, ja, auf jeden Fall sollte ich das tun!

ca 12:00 Uhr (zwei von meinen Kursen sind erst Nachmittags, aber an meinem Vormittagsprogramm ändert sich daran überhaupt nichts. Es fängt nur dementsprechend später an ;-))

Ich komme in den Seminarraum und setze mich entweder auf den Platz den PHILIP für mich freigehalten hat oder halte neben mir ein paar Plätze frei, für Leute die ich kenne und die die nächsten 3 Stunden ein bisschen lustiger werden lassen.

Philip kommt aus Bremen, ist extrem treuer Werder-Fan und hält mir immer einen Platz frei, wenn er vor mir da ist. Das ist wirklich sehr praktisch, weil wir in genau den gleichen Kursen sind. Er ist bekennender Sozialdemokrat und immer mit dabei, wenn es darum geht einen armen CDU-Anhänger runterzuputzen! Da trifft es immer den gleichen, nämlich ALEX, der aber später noch Erwähnung findet… Außerdem spielt Philip herausragend gut Kicker. Umso toller ist es, dass ich in manchen von unseren vielen Duellen schon gewonnen habe, was mir mittlerweile den Ruf als bestkickerspilende Frau eingebracht hat! Ja, ich bin stolz! Ändert aber nichts daran, dass ich gegen die Männer die das behaupten trotzdem fast immer verliere… Ansonsten ist Philip für Gesöffe wie Wodka-Cola und Jägermeister-Cola bekannt, die ich nie in der Menge runterriegen würde! Und er ist der einzige Mensch, der es bis jetzt geschafft hat, ohne Fahrrad zu überleben. Allerdings geht er deshalb immer in der Abendplanung unter, weil die auf Fahrradfahrer ausgerichtet ist. Philip, kauf dir gefälligst ein Fahrrad!, ist wohl der Satz den er in den letzten Wochen am häufigsten gehört hat…

Meistens treffe ich in den Kursen noch andere Leute, die ich nur kurz erwähnen will, weil das ganze sonst zu lang wird… Das heißt aber nicht, dass sie unwichtig sind! Jeder einzelne trägt seinen Teil zu dem bunten und lustigen Gesamtbild bei, das ich als meinen Alltag bezeichne! Als da wären: Simon aus Australien, extrem witzig, immer gut gelaunt und ein Grinsen auf dem Gesicht, hat nie einen Block oder sowas dabei (Ich weiß nicht ob der sich das alles merkt, aber es würde eher zu seiner Person passen, dass es ihn zwar interessiert, aber halt doch nicht brennend genug, als dass es den Aufwand rechtfertigen würde, mitzuschreiben…) und ist noch witziger, wenn er was getrunken hat. Julia aus Kiel, ist auch sehr nett und lustig, hat einen abwechslungsreichen Kleidungsstiel und vielleicht (ist aber nur so eine Vermutung) eine Liaison mit Simon. Zwei Polinen, Martyna und Wiktoria, die ich eigentlich erst vor ein paar Tagen kennengelernt habe und die ganz groß im Wodka trinken sind! Außerdem total lieb und herzlich, vielleicht ein bisschen ausgeflippt (Wenn sie weggehen haben sie neben Highheels für den Heim- und für Zwischenwege noch flache Schuhe dabei 🙂 und auf jeden Fall gut um sich gegen Männer zu verbünden… Dann noch Edward aus England, der erst am Samstag Geburtstag hat, aber diesen Dienstag gefeiert hat und sich anscheinend nicht bewusst ist, dass das verdammt noch mal Unglück bringt!!! Aber ein sehr netter Typ, der ironischer Weise Small heißt, obwohl er mich sicher um 30 cm überragt.

15:00 Uhr oder später

Guck ich doch mal, ob die Pfeifen vom International Office der Uni meinen Studentenausweis schon fertig haben! Unzählbare Mal war ich schon dort, seit 6 Wochen sollte das gute Stück eigentlich in meinem Besitz sein. Und das Ding ist hier wirklich wichtig! Damit kann man Kopieren, Bücher in allen Bibliotheken der Stadt ausleihen, man hat Zutritt zu den Computerräumen, man bekommt den Kaffee und das Bier im sogenannten Stundentenhaus billiger usw… Im Umkehrschluss gilt, dass man OHNE diesen verdammten Ausweis nichts dergleichen tun kann! Das beknackteste ist, dass ich jedesmal wenn ich da hingehe und die verplanten Bürofuzzis (Sorry, das soll natürlich keinenfalls abwertend klingen!) wieder umsonst die Kiste mit den Ausweisen durchwühlt haben, gefragt werde, wann ich denn den Ausweis beantragt hätte…Ja meine Lieben, das kann ich euch sagen! Das ist mittlerweile gute 5 Monate her!!! Betroffenes Gesicht auf der andren Seite der Theke, dann aber gleich der Kommentar, ich sei ja nicht die einzige, die so lang auf ihren Ausweis warten müsse. Umso schlimmer!!! Das sind ja schon fast LMU-Dimensionen was die Höhe der Dünen in der Servicewüste Universität angeht… Allerdings muss man der Uni Kopenhagen zu Gute halten, dass sie nicht wie die LMU behauptet ein Unternehmen zu sein, von dem die zahlenden Kunden (altmodisch auch Studenten oder so genannt) eigentlich guten Service erwarten können… Naja. Ich schweife ab!

Und „ab“ ist eigentlich ein gutes Stichwort um das Ganze fürs erste zu beenden! Ich muss nämlich noch abspülen!. Was für eine Überleitung, ich glaubs nicht… Außerdem wird das ja hier ein unendlich langer Text und ich will eure Lesebegeisterung ja nicht überstrapazieren! Aber keine Sorge, Teil zwei „Alltag: Bis zum Abendbrot“ folgt bald!

Jo, mir san mim Radl do!

Ich weiß nicht, ob ich schon erwähnt habe, was mir an Kopenhagen neben den vielen Partys, gutaussehenden Dänen und Backsteinhäusern am besten gefällt: Es sind die Fahrräder!

Das fängt tatsächlich bei den Gefährten selber an. Es ist schwer zu beschreiben, was den Charme der meisten Fahrräder hier ausmacht, aber sie haben einfach Stil! Das sind weder protzige Mountainbikes mit allem möglichen Schnickschnack, noch Rennräder die aussehen wie Drahtgerippe, noch sind es die typischen Hollandräder, die ja rein von der Aerodynamik her das unpraktischte überhaupt sind, weil man da drauf sitzt wie auf einem Gesundheitsstuhl. Damit würde man hier kaum überleben, weil es hier  sehr, sehr windig sein kann und das auch wirklich oft ist! Und für die Kopenhagener ist das Fahrrad überlebenswichtig! Als ich neulich mit Michelle zum IKEA gefahren bin, dachten wir, wir wären die einzigen, die so blöd sind in eine Möbelgeschäft mit dem Fahrrad zu fahren. Wo man doch auf dem Gepäckträger problemlos so ein Sofa transportieren kann… Waren wir aber nicht. Der Fahrradparkplatz war dort genauso voll wie vor jedem Supermarkt und: man kann da sogar Fahrräder ausleihen! Wenn man also mit dem Auto gekommen ist und damit für die nächste Zeit genug hat von bequemen Sitzen, Windschutzscheiben (Wer braucht denn sowas??) Radio und viel Stauraum, dann kann man sich ganz bequem und kostenlos ein IKEA-Fahrrad mit einem hübschen kleinen Anhänger ausleihen, seine Einkäufe dort hineinstapeln und schwer beladen, Wind und Wetter trotzend, nach Hause radeln. Ich frag mich, ob es auch zum Service gehört, dass das IKEA Personal das jeweilige Kundenauto dann unbeladen bis vor die Haustür fährt und einem so den unangenehmen Teil des Einkaufs abnimmt?

ikea-fahrrad

Zurück zum Thema! Die Fahrräder hier sind stabil gebaut, haben breite bequeme Sättel und sehen trotzdem nicht klobig aus. Einfach schön. Aber das allerbeste sind die Accessoires! Wer behauptet ein geblümter Fahrradhelm würde nicht zu Minikleid (Wenn ich Mini sage dann meine ich in dem Fall auch Mini! Wer einigermaßen auf seinen Ruf bedacht ist würde sowas in München niemals tragen…), Leggins und Designer-Stilettos passen, der liegt falsch. Die Helme gibt es in allen Farben und Mustern, jeder kann sie tragen und sehr viele tun es auch. Wenn es regnet, was im Winter auch oft vorkommt, trägt man dazu lange Regenmäntel aus dickem Plastik, natürlich auch bunt und lustig gemustert! Mich erinnern sie an die Regenmäntel die ich im Kindergartenalter getragen habe… Aber es würde hier kein Mensch auf die Idee kommen das lächerlich, uncool oder für die typische Bürodame unpassend zu finden.

Wo es so viele Fahrräder gibt wie hier, braucht es dafür natürlich auch Platz. Die Fahrradwege sind in Kopenhagen mindestens doppelt so breit wie in München, manchmal breiter als die dazugehörige Straße! Es gibt Linksabbiegerspuren für Fahrräder, natürlich überall extra Ampeln für Fahrräder, die Fahrradwege sind auf jeder Kreuzung mit rieseigen blauen Streifen markiert, sodass sie absolut nicht zu übersehen sind. Manchmal tun mir die Autofahrer fast leid, wenn ich sie beim Versuch beobachte irgendwo rechts abzubiegen… da wartet man an einem schönen Sommertag an einer Kreuzung in der Innenstadt schon mal 2 Ampelschaltungen bevor sich eine Lücke in der Radlerkette auftut, durch die ein ganzes Auto passt. Und zimperlich sind die Fahrradfahrer hier auch nicht! Begeht ein Autoinsasse mal den Fehler, ausversehen mit den Vorderreifen auf einem Radweg zum stehen zu kommen, kann er sich auf wüste Beschimpfungen gefasst machen! Das Problem für ihn dabei ist, dass hier ein Fahrradfahrer selten bzw. nie alleine kommt, also nicht eine, sondern gleich an die zwanzig Personen ihrer Wut auf den armen Autofahrer freien Lauf lassen! Aber eigentlich ist das nur gerecht. Überall sonst auf der Welt sind die Radler die Unterlegenen, dann kann es hier auch mal andersrum sein!

Wenn man sich als Radfahrer nicht an die Gesetze der Straße hält blüht einem aber kein anderes Schicksal! Nicht das man von den Autofahrern beschimpft werden würde, die interessieren hier eh niemanden. Nein! Vergiss einmal im Berufsfahrradverkehr vor dem Bremsen oder Abbiegen ein Handzeichen zu geben oder gar jemanden zu übeholen ohne davor einen Schulterblick riskiert zu haben und du bist tot! Entweder überfahren von deinem Hintermann oder durch dessen Verbalattacken niedergemetzelt! Da lernt man schnell…:-)

Und zum Schluss noch eine Zahl, damit es leichter ist sich die Masse an Radlern hier vorzustellen: An der Stelle, wo die Nørrebrogade über die Seen führt, steht ein Fahrradzähler. Der funktioniert nicht so richtig, weil er immer wenn zwei Radler nebeneinander fahren nur einmal zählt. Das kommt sehr oft vor. Dieses Ding zählt die Anzahl der Radler pro Tag, die in EINE RICHTUNG über diese Brücke fahren. Es waren seit dem 15. Juni 2009 ziemlich genau 1 000 000, also an einem durchschnittlich schönen Werktag ungefähr 13 000!

One Night in Copenhagen

Gestern war der erste Freitag im Semester. Das heißt das erste Mal „Fridaybar“, die legendäre Party, die es in fast jedem Institut der Uni gibt. Die von den Sozialwissenschaftlern scheint aber besonders berühmt berüchtigt zu sein. Eigentlich eh klar… so toll wie wir sind… Noch dazu war es die Semesteranfangsparty, was die Sache noch interessanter und empfehlenswerter scheinen ließ.  Eigentlich jeder hatte vor dort hinzugehen. So natürlich auch 5 Leute namens Daniel (aus München), Veronika (aus Wien), Sylvia (aus Christchurch/ Neuseeland), Michelle (aus Hamburg), Alex (aus Bremen) und natürlich ich. Der Plan war, um halb 10 bei Veronika vorzuglühen um dann so ab 11 oder 12 in der Uni zu sein und bis zum Morgengrauen die Party zu rocken! Und dann natürlich füh aufzustehen um eine 2 tägige Fahrradtour nach Helsingör zu machen. Die Waghalsigkeit dieses Plans ist uns aus unerfindlichen Gründen nicht aufgefallen. Wir waren in dem festen Glauben das problemlos hinzukriegen…

Für mich fing der Abend damit an, dass ich eine Nachricht von Michelle bekommen habe. Ihr Fahrrad und das von Veronika wurden am hellichten Tag auf dem bekannten Radhuspladsen geklaut. Trotz Schloss natürlich. Während Veronika mit erstaunlicher und beneidenswerter Konsequenz auf dem Absatz kehrt gemacht hat, in den nächsten Laden gegagen ist und sich ein neues Schloss, neue Lichter und dann natürlich (!) auch sofort ein neues Fahrrad gekauft hat (das ganze kann höchstens eine Stunde gadauert haben…), war für Michelle der Abend gelaufen und sie hatte keine Lust mehr auf Party. Verständlicherweise.

Um 9 hat mich dann Alex in schon nicht mehr ganz klarem Zustand (ich, nicht Alex) mit dem Fahrrad abgeholt und wir haben versucht den Weg zu Veronika zu finden. Auf Grund meiner akuten Zustände der Verwirrung und der Hinterlistigkeit einer fiesen Straßenlaterne, hatten wir Schwierigkeiten den Stadtplan zu lesen und haben ein paar kleine Umwege gemacht. Aber die verbessern ja bekanntlich die Ortskenntnis und deshalb sind wir viel schlauer als vorher bei Veronika eingetrudelt. Zu viert sind wir in ihrem Zimmer gesessen und jeder hat für ungefähr 4 Leute Alkohol aus der Tasche gezaubert. Das heißt natürlich, wir hatten für ungefähr 16 Leute Getränke, waren aber immernoch zu viert… Später sind wir dann mehr geworden, weil jeder die andren doppelt gesehen hat. Und wenn jeder drei Leute zweimal sieht (sich selber nicht, das wär ja komisch), dann sieht er also, sich selbst mitgezählt 7 Leute! Also waren wir zu siebt. Oder es sah zumindest so aus. Insgesamt haben wir auf jeden Fall viel getrunken und Veronika war ganz begeistert eine Saufkumpanin getroffen zu haben, die ihr das Wasser reichen kann. Wweiß auch nicht was sie damit gemeint hat… Das alles hat dazu geführt, dass ich leider versprochen habe irgendwann für viele Leute Schweinsbraten mit Knödeln zu machen. Aber das ist mir erst vor 3 Stunden wieder eingefallen, wie so vieles andre auch.

So um halb 1 haben wir dann beschlossen uns auf den Weg zu machen. Großmäulig wie ich bin hab ich natürlich behauptet den Weg genau zu kennen, zum Glück hat dann aber irgendwann Veronika dir Führung übernommen, so dass wir auch in der Uni angekommen sind.  Aber leider war es zu voll. An der Vordertür sind wir nicht mehr reingekommen. An der Hintertür auch nicht. Nur der gemeine Alex hat sich, während Veronika und ich den Türsteher abgelenkt haben, hineingeschlichen und die Party genossen. Der Rest, also wir beide und Daniel, haben uns vor das Unigebäude auf die Straße gesetzt und eine nette Konversation über höchstwahrscheinlich sehr unbedeutende Themen geführt. Aus unerfindlichen Gründen auf Englisch, welches angesichts unseres Zustandes nicht mehr sehr gut gewesen sein kann. (Ach nein! War da nicht noch diese Australierin? Das würde die Sprahe erklären…Hmm..) Ich glaube wir haben da auf Alex gewartet, in dem Glauben er würde schon wieder rauskommen wenn er merkt, dass wir es nicht reingeschafft haben. Denkste! Dieses Kameradenschwein! Irgendwann war dann kein Türsteher mehr da und wir sind doch noch reingekommen. Insgesamt waren wir da höchstens eine halbe Stunde, dann war die legendäre Party aus. In dieser Zeit bin ich 2 mal je 5 Minuten in der Kloschlange angestanden (Ich habe absolut keine Ahnung wieso), Veronika hatte ein Techtelmächtel mit einem gutaussehenden Dänen den sie dann unvernünftigerweise einfach gehen ließ, wir haben getanzt, vielleicht ein Bier getrunken (?) und Daniel verloren. Inzwischen war es wahrschienlich 3 Uhr und wir viel zu gut dabei um uns ins Bett zu legen. Außerdem hatte der Abend ja gerade erst angefangen! Also haben wir unsere Fahrräder gesucht. Und dann auch gefunden. Aber Alex war weg. Der wollte eigentlich in 2 Minuten kommen, hat das dann aber anscheinend vergessen. Nach so ca 15 Minuten sind Veronika und ich dann mit irgendwelchen dänischen Studenten in eine Bar neben der Uni gegangen. Da wars  aber langweilig und nach spätestens 3 Minuten standen wir wieder draußen und haben neue Pläne geschmiedet. Wir waren nur noch zu zweit. Auf ins „Gefährlich“, haben wir uns gedacht, sind auf unsre Fahrräder gesprungen und über die Seen nach Norrebro gefahren. Der Alkoholpegel hatte sich noch nicht merklich verändert. Im „Gefährlich“ waren wir annähernd 15 Minuten. Aber die Musik war nicht nach Veronikas Geschmack. Außerdem lief da ein unheimlicher Typ mit einem Spacehelm durch die Gegend. Also wieder raus und Fahrräder suchen. Aber halt! Ein köstlicher Duft stieg uns in die Nase. Schawarma!! Leider hat das Geld, dass für diesem Monat noch übrig war nur noch für ein Schawarma gereicht. Wie gut das da jemand keinen Hunger mehr hatte und eine halbe Rolle für Veronika übriggelassen hat. Darüber ob das nicht ein bisschen merkwürdig ist, einfach eine herrenlos auf dem Tisch liegende angegessene Schwarmarolle fertig zu essen, haben wir uns nicht wirklich Gedanken gemacht… Und dann war da wieder dieser Typ mit der Spacekappe. In dem grellen Neonlicht der Dönerbude war allerdings deutlich zu erkennen, dass es sich nur um einen Fahrradhelm handelte. Trotzdem gruselig. „I waer my bike helmet at night so I can so I can…“ In diesem Schawarmaladen waren wir schätzungsweise 20 Minuten, was der zweitlängste Aufenthalt in einem Gebäude in dieser Nacht sein sollte. Dann hab ich festgestellt, das Alex versucht hatte mich anzurufen. Er war ganz in der Nähe und befriedigte seinen nächtlichen Appetit im Mc Donalds. Jetzt aber Fahrräder suchen und Alex treffen. Vor dem Mc Donalds haben wir dann beraten, wie der Rest der Nacht ablaufen soll. Auf in die Bar, wo immer 90er Musik läuft! Es geht nichts über Ausnüchterung mit Mr. Presidents Cocojambo! Ich habe ausnahmsweise mal die Führung unserer kleinen Fahrradkarawane übernommen… Immerhin sind wir angekommen! Wie schnell ist doch egal… Naja. Nicht ganz. Als wir den Laden betraten, hoch motiviert und bereit zur Übernahme der Tanzfläche, packte der DJ gerade siene Sachen zusammen. Es war doch erst 5 Uhr! Naja. Noch ein Gläschen Wasser an der Bar und nach ca. 15 Minuten haben wir das Etablissement wieder verlassen. Ach ja! Da war was! Wir wollten doch eine Radtour machen, oder nicht? Hmmm… Vielleicht wäre ins Bett gehen doch gar nicht sooo verkehrt. Also Verabschiedung von Veronika. Alex und ich haben ja den gleichen Weg. Vor meiner Haustür mussten wir dann noch den herrlichen Sonnenaufgang fotografieren, unsere Radtour planen (Wir haben immernoch ernsthaft geglaubt das würde was werden…) und ausdiskutieren, ob meine Rollos von der Straße aus so schief aussehen, weil ich sie falsch aufgehängt habe, sie nur ungleich hochgezogen sind oder die Schiefe eine Akt künstlerischen Ausdrucks meinerseits darstellt. Natürlich habe ich die Diskussion gewonnen, glaub ich, und habe meine Ehre als Heimwerkerin erfolgreich ferteidigt. Dann bin ich nach oben gegangen, hab Sylvia eine SMS geschrieben, dass es mit der Radtour wohl doch ein kleines bisschen später wird und bin dann tatsächlich um ca 6 Uhr ins Bett gefallen…

Der Abend in Zahlen: Viel ( das is auch ne Zahl!) Alkohol und Brause, 8 1/2 Stunden Partystimmung an 6 verschiedenen Orten (Gehwege, Wiesen oder Plätz nicht mitgezählt), davon 3 Stunden in einem kleinen Zimmer zu viert, knappe 30 Minuten in der Uni, 3 Minuten in einer komischen Bar, 15 Minuten in einem Club, 20 Minuten in einer Schawarma-Bude und 15 Minuten in einer 90er Bar. Wenn man diese (auf groben Schätzungen beruhenden) Zeitangaben zusammenrechnet, kommt man nach Adam Riese auf… 4 Stunden und 23 Minuten!Und steht vor einem Rätsel.

Was verdammt noch mal haben wir die restlichen 3 1/2 Stunden getan???? Wenn wir die wirklich auf unseren Fahrrädern zugebracht haben sollten, dann müssen wir unglaubliche Umwege gefahren sein. Die Entfernungen zwischen unseren Aufenthaltsorten betragen zwischen 30m und allerhöchstens 2 km! Dafür braucht man nicht so lange. Nein, wirklich nicht. Und dass wir geschlagene 2 Stunden sinnlos auf dem Gehweg vor der Uni zugebracht haben will ich eigentlich auch nicht glauben. Jedenfalls kann ich diesen Erfahrungsbericht wieder mit nur einem Wort beenden: Misteriös.

Besketball på Rådhuspladsen

Streetball pa Radhuspladsen

Gestern Nachmittag bin ich ein bisschen durch die Innenstadt geschlendert. Eigentlich war ich auf der Suche nach dem legendär großen H&M, aber komischer Weise machen hier alle Geschäfte bis auf Supermärkte ziemlich früh zu. Hab deshalb auch nicht herausgefunden, wecher der gefühlten 10 H&M’s der riesige war. Stattdessen habe ich auf einem sehr schönen Altstadtplatz einem Gitarristen- und Cellistenduo zugehört, ein sau teures Eis gegessen, bin eine halbe Ewigkeit vor dem Schaufenster von einem Quicksilverladen geklebt und dann weiter durch die Touristenstraße Nr.2 Kopenhagens (nach Nyhavn) zum Rathausplatz gegangen. Dieser Platz hat auf dänisch den unaussprechlichen Namen Rådhuspladsen. Sieht eigentlich gar nicht so schlimm aus? Wenn man aber nur den Hauch einer Ahnung hat, wie die Dänen ihr weiches „d“ aussprechen und bedenkt, dass auf das erste „a“ auch noch so ein kleiner Kringel kommt, der es auch nochmal weicher klingen lassen soll als einfach nur a, dann sieht das schon ganz anders aus. Es ist schwer zu beschreiben wie sich das dann anhört, aber ein bisschen klingt es, als würde jemand gerade seine eigene Zunge verschlucken und bei dem Versuch daran ersticken…

Auf besagten Rådhuspladsen ist eigentlich jeden Tag irgendein Event. Gestern war es ein Basketballturnier. Vor der Kulisse des riesigen roten Rathauses mit seinen Erkern und Türmchen war eine kleine Zuschauertribüne und ein DJ Pult aufgebaut und ein Feld mit Kreide aufgemalt. Ich kann das zwar nicht einschätzen, aber es sah aus als wären die Mannschaften allesamt ziemlich gut. Es waren sicher an die 800 Zuschauer da und die Musik hat man noch in den idyllischen Altstadtgassen gehört. Das ist genau das, was den Unterschied zwischen München und Kopenhagen, bzw. einem friedlichen Dorf und einer Großstadt ausmacht. Stellt euch mal vor es würde jemand auf die Idee kommen auf dem Odeonsplatz ein Streetballturnier zu veranstalten. Und dann auch noch mit lauter Hip Hop Musik!!! Tsss…Unmöglich… Da könnten sich ja die  Cafétrinkenden Menschen im Tambosi oder die Anwälte in ihren Kanzleien gestört fühlen…

Das München sich nicht wie eine Großstadt anfühlt war mir ja schon lange klar, aber der Unterschied ist fast noch größer als erwartet. Es tut auf jeden Fall gut mal in einer Stadt zu wohnen, die auch aussieht wie eine. Ich frag mich ja ob es in München keine Graffity Szene mehr gibt, die Polizei wirklich so „gute Arbeit“ leistet oder einfach alle münchner Hausbesitzer das deutsche Klischee an Fleißigkeit und Ordnungswahn zu 100% erfüllen. Ich verstehe einfach nicht, wie in jeder normalen Großstadt jede dritte Hauswand bunt sein kann und man in München einen Tag durch die Stadt fahren kann ohne ein einziges Graffity zu Gesicht zu bekommen?? Misteriös.

Skatevideos vom Nørrebroparken

Ich habe auf youtube ein paar Videos vom Skatepark gefunden, auf den ich von meinem Fenster und Balkon aus eine sehr gute Aussicht habe. In dem großen Backsteinhaus mit den vielen Fenstern im Hintergrund wohne ich!

Kopenhagen – Stadt der Jugend, der Cafés, des Wassers und der Gangster

Vor zwei Tagen habe ich zwei Inder in einem Computerladen in Nørrebro ausgelacht, weil sie erzählten, dass hier hin und wieder mal jemand erschossen wird. Es sei die schlimmste Gegend in Kopenhagen, die man sich zum wohnen aussuchen könne. Klar, habe ich mir gedacht. Da gab es ein zwei mal im letzten Jahr eine Schießerei und jetzt reden alle davon, dass in Nørrebro Bandenkriege herrschen und man dort seines Lebens nicht sicher ist.

Meine Wohnung in Kopenhagen liegt direkt am Nørrebroparken. Das ist ein langer grüner Streifen, der sich parallel zur Hauptstraße des Viertels, der Nørrebrogade, über meherer Häuserblocks hinzieht. Tagsüber liegen dort junge Leute in der Sonne, spielen Fußball oder Volleyball und grillen an den extra dafür gestalteten Plätzen. An den Parkbänken treffen sich Gruppen von Alkoholikern und vertreiben sich dort die Zeit. Ich habe schon versucht ich mit ihnen zu unterhalten, aber das einzige was ich verstanden habe war, dass sie nette Leute sind denen ich auch allein bei Dunkelheit begegnen könnte. In der Nørrebrogade reihen sich Schawarmabuden, orientalische Lebensmittelläden, die ihr Obst und Gemüse vor den Schaufenstern aufgebaut haben und Fahrradgeschäfte aneinander. Die Straße ist immer belebt, Ruhe herrscht hier auch in der Nacht nicht. Verlässt man die Norrebrogade in eine Seitenstraße und geht ein paar Meter die roten Backsteinfassaden der Wohnhäuser entlang, findet man sich in einer friedlichen Großstadtidylle wieder. Schöne Cafés, kleine Restaurants und Boutiquen und viele junge Leuten, die auf ihren Fahrrädern durch die Straßen fahren, verbreiten eine gelassene und fröhliche Atmosphäre. Dort fragt man sich, wo sich die Generation über 40 wohl aufhält, denn bis man mal einen nicht jugendlich wirkenden Menschen vorbeifahren sieht, muss man schon etwas Geduld haben.

Folgt man der Nørrebrogade Richtung Innenstadt, fährt man über eine der vielen großen Brücken, die die äußeren Viertel mit Altstadt verbinden. Dazwischen breiten sich  – mitten in der dicht bebauten Stadt eigentlich unvorstellbar – riesige Wasserflächen aus. Sie werden „die Seen“ genannt und bieten nach einer anstrengenden Fahrradtour durch die Stadt auf dem Weg nach Hause die Gelegenheit, sich am Wasser auf eine Bank zu setzen und sich in Ruhe die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen.

Parallel zur Nørrebrogade, etwas weiter südlich,  führt eine andere, sehr große Straße über die Seen. Sie bringt einen ins Zentrum der Stadt, vorbei am Rådhuspladsen, auf dem fast jeden Tag ein anderes Event stattfindet und am Tivoli, dem berühmten Kopenhagener Vergnügungspark. Fährt man dort vorbei kann man die Musik der Fahrgeschäfte und die (fröhlichen???) Schreie der Insassen hören. Wieder fragt man sich, wie zwischen den sonst sehr dicht gedrängt stehenden Häusern so großzügig angelegte Plätze entstehen können. Sie sorgen jedenfalls dafür, dass die Stadt einen nicht erdrückt und man überall einen Ort zum Durchatmen findet.

Zum Beispiel an der Islands Brygge, mit der man einen weit in die Stadt hineinreichenden Hafenarm überquert, wenn man der Straße weiter nach Osten folgt. Dort kann man im sehr sauberen Hafenwasser baden, sich auf die Wiese legen und sonnen oder abends mit vielen Hundert jungen Leuten einen Film im kostenlosen Open Ai Kino ansehen. Als ich dort auf dem Rücken im Gras gelegen bin, der Himmel langsam schwarz und die Leinwand immer heller wurde und ich übers Wasser ans andere Ufer gesehen habe, wo sich die Wolken über den Glasfassaden der neuen Gebäude orange färbten, war mein einziger Gedanke, was für eine wunderschöne Stadt Kopenhagen ist.

Nach dem Kino herrschte Stau auf den Straßen in die Studentenviertel Frederiksberg und Nørrebro. Von der Zielstrebigkeit, die die Menschen morgens auf dem Weg in die Arbeit zeigen, war in dieser lauen Sommernachts auf den breiten Fahrradwegen Kopenhagens nichts zu spüren. Also habe ich meinen sportlichen Ehrgeiz mal vergessen und ließ ich mich einfach vom trägen Strom der Radler mitnehmen, bis er langsam immer kleiner wurde und wir schließlich nur noch zu zweit in den Nørrebroparken einbogen. Weit kamen wir allerdings nicht, weil wir von einer Polizeiabsperrung aufgehalten wurden. Der gesamte südliche Teil des Parks war abgeriegelt. Überall standen Polizeiautos, wir konnten Männer in Uniform und mit Maschinengewehren in der Hand im dunklen Park stehen sehen, Suchhunde liefen über die Wiese und durchs Gebüsch. Wo wir hin wollen fragte uns ein Polizist und zeigte dann auf eine kleine Straße, die quer zum Park verläuft. Wir müssten außenherumfahren, sagte er. In den kleinen Sträßchen um den Park herum hatten Zivilpolizisten ihre Laptops auf die Dächer ihrer schwarzen Autos gestellt und telefonierten ununterbrochen. Wir fuhren noch die wenigen Meter bis zu meiner Wohnung am nördlichen Ende des Parks, wo immernoch fröhliche Grillpartys im Gange waren. Hier schien niemanden zu interessieren, was etwa 300 Meter weiter passierte. Trotzdem habe ich meine Wohnungstür von innen zugesperrt, bevor ich ins Bett gegangen bin…

Heute morgen stand in der Zeitung, ein Zivilpolizist sei von mehreren Schüssen getroffen worden, der Täter ist noch nicht bekannt. Die Inder hatten also doch recht.

http://politiken.dk/indland/article772163.ece

http://politiken.dk/newsinenglish/article772303.ece